Mittwoch, 5. Mai 2010
"Gottes berufener Sohn" Apollo C. Quiboloy
Fundament und Bezugsrahmen der tiefen Religiosität der Filipinos war über Jahrhunderte der katholische Glaube. Er prägte und prägt immer noch Staat und Gesellschaft. Mit der amerikanischen Kolonialisierung und dem parallel stattfindenden Zustrom amerikanischer Missionare unterschiedlichster Glaubensrichtung setzt jedoch ein Prozess ein, der am Fundament des traditionellen Katholizismus auf den Philippinen zumindest nagt.
Es sind insbesondere die zumeist protestantisch ausgerichteten charismatischen Pfingstbewegungen, die verstärkt Zulauf finden. Schon wird deren Anteil auf knapp zehn Prozent der Bevölkerung geschätzt (1). Auch innerhalb der katholische Kirche formieren sich – wie das Beispiel von „El Shaddai“ (2) oder „Couples for Christ“ zeigt – charismatische Strömungen mit zumindest neuen Stilen des religiösen Erlebens.
Die durch die Verfassung verbürgte Religionsfreiheit auf den Philippinen gibt aber auch merkwürdig anmutenden Gestalten und Gottesverkündern Raum. Zu nennen wäre hier u. a. der mittlerweile verstorbene Gründer der Iglesia Ni Cristo Felix Manalo, der sich zum „Letzter Prophet Gottes“ erhob. In neuerer Zeit macht jedoch eher eine andere Person verstärkt von sich reden, die sich „Appointed Son of God“ tituliert und dem „Kingdom of Jesus Christ, The Name above Every Name“ (KGC) vorsteht. Es ist Apollo C. Quiboloy. Die Mitgliedsstärke seiner Glaubensgemeinschaft wird von der amtlichen Religionsstatistik noch nicht ausgewiesen. Quiboloy selbst beziffert sie auf sechs Millionen, davon sollen zwei Millionen im Ausland leben.
Frühe Jahre
Apollo C. Quiboloy ist 1950 als jüngstes von neun Kindern in Davao in einer ärmlichen Familie geboren. Schon die Geburt ist mit himmlischen Zeichen verknüpft. Mutter Maria sieht ein Gottesanlitz vom Himmel strahlen und eine Stimme sagte zu ihr: „Dies ist mein Sohn.“ Die Wahrnehmung der älteren Schwester ist profaner. Sie erblickt bei der Geburt von Apollo „nur“ einen großen Adler, der sich auf das Haus niederlässt (3). Die Familie wechselt später vom katholischen Glauben zu der Glaubensgemeinschaft der „United Pentecostal Church“, einer Pfingstbewegung amerikanischen Ursprungs.
Mit vierzehn Jahren erscheint ihm im Traum die Vision eines riesigen Sterns am Himmel. Der Stern stürzt mit langem Flammenschweif auf die Erde und verursacht dort ein riesiges Chaos. Nachts darauf sieht er ein Gottesbild und er erfährt:
“ Noch bevor der große Tag des Herrn kommt, wird sich die Sonne verdunkeln und der Mond wird bluten …. Wenn du mich suchst, wirst du mich finden (4).
Die frühreligiösen Erfahrungen legen es nahe, dass Quiboloy nach dem Besuch der High School in den Dienst seiner Glaubensgemeinschaft tritt. Er besucht die Bibelschule und missioniert ab 1974 im Auftrag seiner Angehörige des B`laaan Stammes am Mount Kitbog. Immer wieder begegnen ihm in dieser Zeit Wunder. Er hat Visionen – zum Beispiel sieht er 1974 in einer kleinen Kapelle in Tamayong plötzlich himmlische Besucher durch die Tür treten. Sie schreiten zur Kanzel und salben ihn mit einem duftendes Öl. Die Kirchenbesucher selbst bleibt dies natürlich verborgen. Noch monatelang soll der Duft des Öles am Gewand des Priesters haften geblieben sein. Bis zu sieben Mal am Tag predigt Quiboloy in dieser Zeit. Er sei eine „preaching machine“, sagen viele und meinen damit sein außerordentliches rhetorisches Talent.
Er wird von Gott zu einem anderen Berg, dem Mount Tamayong , geführt. Fünf Jahre – von 1975 bis 1980 - lebt er dort auf einem nur hektargroßen Grundstück. War bei Johannes dem Täufer oder Jesus Christus die Wüste der Ort der teuflischen Versuchungen und der inneren Einkehr, so ist es im Falle von Quiboloy der Mount Tamayong. Angeblich werden hier alle möglichen Dämonen und Teufel auf ihn losgelassen; Gottvater öffnet ihm alsdann die Augen und verkündigt ihm schlussendlich: “Now, you are My Son.“ Quiboloy bezeichnet später diesen Lebensabschnitt als „Training in the University of Spirit“ und behauptet allen Ernstes, dass über fünf Jahre seine „Manna“ ausschließlich Bananen waren (5).
Er nimmt den Gemeindedienst wieder auf, trennt sich nach fünf Jahren 1985 jedoch von der United Pentecostal Church. Fünfzehn Glaubensbrüder folgen ihm auf seinem Weg. Er gründet – wiederum einer göttlichen Weisung entsprechend - eine eigene Kirche, das „Kingdom of Jesus Christ“, das mitunter noch den Namenszusatz „The Name above Every Name“ trägt. Wir wollen hier nicht in die etwas krude, teilweise bibelgestützte, die Dreieinigkeit verneinende Theologie des Apollo Quiboloy eintreten und verweisen in diesem speziellen Zusammenhang auf einen anderen Quiboloy-kritischen Artikel (6). Fügen wir doch jedoch an, dass sich Quiboloy als berufener Sohn Gottes sieht. Jesus Christus war Gottes eingeborener, fleischgewordener Sohn im „jüdischen Setting“ und hat dort wohl auch seine Aufgabe erfüllt. Er, Quiboloy, ist der König des neuen geistlichen Königreiches und für die adamischen, d. h. nichtjüdischen Rassen zuständig.
Die Expansion der neuen Kirche
Zählte seine Gemeinde 1985 nur fünfzehn Mitglieder, so ist deren Zahl der Gläubigen nach eigenem Bekunden mittlerweile auf vier Millionen im Inland und zwei Millionen im Ausland angestiegen. Längst gibt es „Chapters“ im Vorderen Orient, in den USA und in Europa. Auch für Interessenten in Deutschland gibt es zwei Kontaktadressen.
1988 fanden die ersten religiösen Zusammentreffen in Manila zum Beispiel noch in einer Garage statt. 1989/19990 konnte man in Catipinan schon ein Grundstück mit acht Hektar Fläche erwerben und darauf die „Cathedral of Jesus Christ“ sowie das nach den Vornamen seiner Eltern benanntes „Jose-Maria College“ bauen.
Die Hauptzentrale residiert heute in einem weitläufigen, zehn Hektar großen und gut gepflegten Park in Davao City, dem „Neuen Jerusalem“. Des Öfteren sichtet man dort auch kircheneigene Luxuswagen – ein Zeichen, das der „König“ des Reiches Christi nicht unbedingt darbt.
Den raschen Mitgliederzuwachs verdankt Quiboloy vor allem auch seiner frühen, wirkungsvollen Medienpräsenz. Zunächst bucht er nur einige Missionsstunden bei privaten Rundfunkanstalten, beginnt dann aber ab 2004 mit dem systematischen Aufbau eigener Sender. Er gründet das sendestarke „Sunshine TV“ zunächst in Davao, später in Manila. 17 weitere Radiostationen und zwei Zeitungen kommen hinzu. Heute ist Quiboloy als „Tele-Preacher“ eine Medienpersönlichkeit.
Finanziert wurde und wird die Expansion der Kirche durch Spenden und den „Zehnten“, der vom Einkommen der Gläubigen erhoben wird. Geld fließt auch karitativen Einrichtungen wie der „Children´s Joy Foundation unter dem Dach der „Sonshine Philippines Movement“ zu. Damit kommen wir zum Umgang mit den Gläubigen.
Die Führung der Gläubigen
Kirchen haben in der Regel einen Moralkodex. Der Kodex des „Kingdom of Jesus Christ“ ist auf dem Papier relativ streng und detailliert und erinnert an den von Iglesia ni Cristo. So heißt es in einem Gründungsartikel - hier in deutscher Übersetzung:
„Wir missbilligen alle Aktivitäten, die einem guten christlichen und gottesfrommen Leben nicht förderlich sind. Dazu gehören Theateraufführungen, Tänze, Make-up, alle Kleidung, die den Körper plötzlich (?- W.B. ) entblößt; materiell motivierte Sport- und Unterhaltungsveranstaltungen sowie verderbliche Programme und Musik. Weiterhin sind Tabak in jeder Form, berauschende Getränke und vulgäre Ausdrucksformen verboten. Wir missbilligen es, wenn unsere Mitglieder zu Hause ein Fernsehgerät haben (7)“.
Das schreibt er 1985. Ironie der Zeitgeschichte ist jedoch, dass heutzutage die Gläubigen ein Fernsehgerät besitzen müssen, um die TV-Predigen ihres Kirchenführers zu verfolgen.
Mit der revolutionären, maoistisch orientierten NPA hat Quiboloy nichts am Hut. Er brüstete sich einmal, dass er 20.000 seiner Gläubigen mit M16-Gewehren ausrüsten könne, damit sie gegen die NPA zu Felde ziehen (8).
Anfeindungen
Die wenig systematische, aber publikumswirksame Lehre Quiboloys findet nicht nur Zustimmung. Einer seiner kritischen Kommentatoren schreibt:
„This guy is teaching some weird stuff (seltsames Zeug), and he really likes to talk about himself … It sounds spiritual, but it is bunch of nonsense, written to deceive“(9).
Vielleicht hat der Kritiker auch recht, den seine Verkündigungen sind zum Teil abstrus, so wenn er um 2000 den Ort Tamayong zum Sitz der göttlichen Regierung auf Erden erklärt oder im Dezember 2004 verkündigt, Gott hätte ihm als Erbe die „Power of the Air“ verliehen.
Andere Kritiker sehen in ihm einen Häretiker und Antichristen (9) und verweisen dabei insbesondere auf Matthäus 24:4-5, einer Bibelstelle im Neuen Testament, in der vor dem Auftauchen falscher Propheten gewarnt wird (6).
Mit einem seiner Kritiker, dem Pastor Eli Soriano, hatte Quiboloy keinen zimperlichen Umgang. Er, Soriaro, sei schon für die Hölle bestimmt - so tönte Quiboloy - und würde in den nächsten Monaten an einer unheilbaren Krankheit sterben. Auch die Anhänger von Soriano würden dasselbe Schicksal erleiden, wenn sie sich nicht zur Umkehr entschlössen. Quiboloys Prophetie in Bezug auf seinen Kritiker und dessen Gefolgsleute traf jedoch glücklicherweise nicht ein.
In der Gunst der politischen Prominenz
Die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo nebst Vizepräsident Noli de Castro hatten Quiboloy schon im Mai 2004 ihre Aufwartung gemacht. Der Besuch der Präsidentin wiederholt sich im November 2007. Man trifft sich im „Prayer Center“ in Davao.
Noch mehr politische Prominenz läßt sich am 2. Mai dieses Jahres anlässlich seines 60. Geburtstags auf dem 10-Hektar großen „Sunshine Land“ blicken. Zu den Gästen zählte unter anderem Manny Villar, Gilbert Teodore, Eddie Villanueva. Loren Legarda, Binay und der frühere Präsident Joseph Estrada. Man hofiert ihn. Was für eine bedenkliche politische Hommage für einen Priester, der von nicht wenigen auch als „Falscher Prophet angesehen wird! Nur Noynoy Aquino und der streng katholische Max Roxas ließen sich anläßlich der Feier wegen „anderwärtiger dringender Verpflichtungen“ entschuldigen.
Mit zur Feier eingeladen hat der ledige Quiboloy nicht weniger als 50.000 Kinder, die für eine kurze Zeit in eine Art Disney-Welt eintauchen dürfen. Für sie gibt es in rauen Mengen Kuchen, Eiscreme und bunte Luftballons.
Die hinaus gezögerte Wahlkampfempfehlung
Auf den Philippinen fordern einige Führer religiöser Gemeinschaften, wie z. B. die der Iglesia ni Cristo, die Blockwahl ihrer Gläubigen. Auch von Quiboloy erwarteten viele führenden Politiker eine für sie günstige Wahlprognose beziehungsweise Wahlempfehlung. Hatte er nicht schon den Wahlsieg von Joseph Estrada und Gloria Macapagal-Arroyo richtig vorausgesagt?
Doch Quiboloy zögert diesmal längere Zeit. Er hat nur „cloudy visions“. Angeblich bedrängt ihn Im Traum die Ex-Präsidentin Corazon Aquino ihren Sohn und Präsidentschaftskandidaten Benigno Aquino III zu segnen. Er kann aber nur für ihn beten. Dann erscheint ihm nachts seine Mutter. Sie bittet ihn, er solle doch den Präsidentschaftskandidaten Manny Villar segnen. Ein Bekannter ersucht ihn, dem Verteidigungsminister Gilbert Teodoro seinen Segen zu geben. Ein Dilemma tut sich für Quiboloy auf. Wem unter den nicht wenigen Kandidaten soll er seinen Segen erteilen? Seine Entscheidung verzögert sich immer wieder aufs Neue. Am 3. Mai 2010 berichtet der Philippine Star, er hätte sich nun für Gibo Teodoro entschieden (10).
Es scheint sich jetzt doch nur noch um eine politische Empfehlung und keine Prognose auf den Wahlausgang zu handeln. Denn ein kurzer Blick in die aktuellen Umfrageergebnisse der Tageszeitungen hätte Quiboly belehren müssen, dass Gibo Teodore mit nur etwa neun Prozent Zustimmung nur geringe Außenseiterchancen auf das Präsidentenamt hat (11). Oder hat ihn am Ende sein Gott verlassen?
© W. Bethge, Mai 2010
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(1) http://en.wikipedia.org/wiki/Protestantism_in_the_Philippines
(2) Vgl. meinen Artikel: Das versprochene Glück – Mike Velarde und seine charismatische El Shaddai – Bewegung, in: http://bethge.freepage.de/el_shaddai.htm
(3) http://www.kingdomofjesuschrist.org/2/PACQ/life_and_calling.html
(4) http://www.kingdomofjesuschrist.org/2/kn/ascent_to_the_throne2.html
(5) http://www.kingdomofjesuschrist.org/2/PACQ/life_and_calling.html
(6) "Pastor" Apollo C. Quiboloy: False Prophet, in: http://kuyakevin.blogspot.com/2007/08/pastor-apollo- c-quiboloy-false-prophet.html
(7) zitiert nach: God’s Newest Son, in: http://www.letusreason.org/Cults20.htm
(8) Jeffrey M. Tupas, Slay of tribal leader stirs Pastor Quiboloy-NPA word war, in: http://naijapinoy.wordpress.com/way-hinungdan/slay-of-tribal-leader-stirs-pastor-quiboloy-npa-word-war/
(9) Vgl. http://remnantradio.org/Mirror/www.jesus-is-savior.com/Wolves/apollo_c_quiboloy-false_prophet.htm
(10) It's Gibo for Pastor Quiboloy, Philippine Star, 03.05.2010
(11) http://www.philstar.com/Article.aspx?art...ubCategoryId=63
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