Montag, 30. Mai 2011

Blütensynphonie in Rot

Wir wollen hier zwei auf den Philippinen vorkommende Bäume vorstellen, die ökonomisch zwar weniger bedeutungsvoll sind, die aber insbesondere in der Blütephase zu den schönsten und eindruckvollsten Ziergehölzen der Tropenregion zählen.

Kabaybo-Baum

Der Kabaybo-Baum (Tagalog) ist unter den Namensbezeichnungen Delonix regia (lat.), afrikanischer Tulpenbaum, Fire- oder Flame Tree weitaus bekannter. Er gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler und hier zur Unterfamilie der Johannisbrotgewächse. Die Delonix-Gattung selbst kennt mindestens zehn Arten. Wir beschränken uns hier auf die Delonix regia. Sie kommt auf den Philippinen am häufigsten vor.

Der Kabaybo-Baum hat eine relativ breite Baumkrone mit weit reichenden Ästen und wird bis zu zwanzig Meter hoch. Er ist ein Laubbaum, der nur zu Zeiten großer Trockenheit seine grünen Fiederblätter abwirft. Die etwa 60 cm langen, wechselständigen Fliederhauptblätter haben ihrerseits 7–10 mm kleine, paarige und ovale Fliederblättchen. Das Fliederlaub wirkt elegant und farnartig.



Etwa ab dem fünften Wuchsjahr finden sich in der Baumkrone in den Sommermonaten die zahlreichen traubigen, in der Regel scharlachroten Blütenbüschel. Die Blüte hat fünf Kronblätter, die sich am Rand etwas kräuseln. Das größere Kronblatt kann eine andere hellere Zeichnung aufweisen. An einem Baum gibt es in der Regel Tausende von Blüten und die Vielzahl der leuchtend roten Blütencluster lässt Assoziationen an ein Flammenmeer aufkommen. Nach den Aufzeichnungen von Antonio Pigafetta vermittelte sich dieser Eindruck auch Magellan und seinen Expeditionsteilnehmer bei einer ersten Sichtung von Landzonen. Es „brannte“ offensichtlich, man sah aber keinen Rauch. Blüten und Blätter des Kabaybo-Baums werden von vielen Insekten und auch Raupen aufgesucht.

Die gereiften dunkelbraunen Fruchtschoten können eine Länge von bis zu 60 cm und eine Breite von 5 cm erreichen. Die 20 - 40 Samen pro Schote sind gefleckt, länglich und vergleichsweise klein. Weil die Schoten im Wind klapper können, werden sie in der Karibik spöttisch auch „Woman´s tongue“ genannt - eine Bezeichnung, die den Frauen sicher nicht zur Zier gereicht und die wir natürlich strikt ablehnen.

Die Wildpflanze ist auf den Philippinen eher selten. Kultivierte Arten finden sich jedoch in Parks, Gärten und Straßenalleen häufiger. Hier sind sie primär aus dekorativen Gründen angepflanzt. Relativ bekannt sind die weit sichtbaren Fire-Trees auf dem Campus der University of the Philippines und der und der Ateneo de Manila University. Erwähnen wir noch kurz, dass das Department of Environment und Natural Resources (DENR) im Rahmen seiner„10 million trees campaign“ den Kabaybo- oder Fire-Tree auf die Liste empfehlenswerter Bäume gesetzt hat. Das Holz wird wirtschaftlich kaum genutzt; auch die medizinische Verwendung der Rinde und Blätter des Baumes ist eher selten.

Folgt man einer Erzählung von Florence Partello Stuart (1), dann hatte der Kabaybo-Baum bei den Moros eine rituelle Bedeutung. Man zog nur dann in den Krieg mit einem benachbarten Stamm, wenn ein frühmorgens gepflückter und ins Flussufer gesteckter Zweig auch noch am Abend seine rote Farbe behielt.

Der Kabaybo-Baum ist auf höhere Temperaturen angewiesen. In unseren Breitegraden kann er im Hochsommer im Freien stehen, in den anderen Monaten muss man ihn in beheizten Wintergärten unterbringen. Pflanzensetzlinge mit 40–60 cm Höhe werden in Deutschland ab 24 € angeboten (2).

Dap-Dap Baum

Der Dap-Dap Baum ist wie der Kabaybo-Baum gleichfalls ein Hülsenfrüchtler und gehört zur Familie der Schmetterlingsblütler beziehungsweise – etwas tiefer in der Systematik - zur Gattung der Korallenbäume. Die Gattung der Korallenbäume ist mit über 100 Arten in den Tropen und Subtropen sehr variantenreich. Korallenbäume wurden wegen ihres dekorativen Erscheinungsbildes auch schon zu „Gems of the floral world“ (Edelsteine der Pflanzenwelt) verklärt. Wir konzentrieren uns hier auf den Dap-Dap Baum, der die lateinische Bezeichnung „Erythrina variegata“ trägt, gleichwohl unter der englischen Bezeichnung „Indian coral tree“ bekannter sein dürfte.

Der Baum wird 3-20 Meter groß und hat eine ausgeprägte, stark verzweigte Krone. Der Stamm ist kurz und dick, die kräftigen Äste und Zweige weisen Stacheln auf. In der Regel erst nach der Blüte wachsen die 10–20 cm langen ovalen Blätter. Ein Blatt verfügt über drei Teilblätter.



Nach circa 3-4 Jahren präsentiert der Korallenbaum seine Blütenpracht. Zum Zeitpunkt der Blütenexplosion (Januar–März) sind die Äste zumeist kahl. Aus den spitzen, länglichen Blütenkelchen treiben zahllose 2-5 cm lange Blüten, die in ihrem Aufbau an die Blüte der heimischen Erbse erinnert. Die fünf Kronblätter bilden eine Fahne, zwei Flügel und das aus zwei Kronblätter bestehende Schiffchen. Die etwas längere Fahne ist häufig klauenförmig nach oben gebogen. Die Blüten des Dap-Dap duften zwar nicht, sind aber reich an Nektar. Dies lockt wiederum viele Vögel und Insekten an, die die Blüten befruchten.

Die zuletzt verholzte Frucht wird 10–20 cm lang und enthält 5–10 dunkelbraune, bohnenähnliche Samen, die roh giftig sind. Die Samen duften und wurden früher zu Schmuck verarbeitet. Unter medizinischen Aspekten können die zerstampften Samenkerne einen Brechreiz auslösen und als Pasten Schwellungen der Gliedmaße mindern und Rheumabeschwerden lindern. Aus den Samen hat man auch Fischgift zubereitet.

Der Korallenbaum dient auf den Philippinen primär dekorativen Zwecken. Zudem hält er den Wind ab und spendet Schatten. Da er Nitrogen bindet, wird er auch als Zwischenfrucht in anderen Nutzpflanzenkulturen eingesetzt. Das weiche Holz wird weniger genutzt. Früher hat man aus unter anderem auch Holzschuhe hergestellt. In kälteren Zonen kann das Dap-Dap Gehölz als Strauchpflanze in Kübeln und warmen Winterquartier gehalten werden.
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Der Dap-Dap Baum ist auch Gegenstand eines anrührenden philippinischen Herz-Schmerz-Märchens (3) das zum Baum jedoch selbst nur in sehr lockerer Beziehung steht. In der Kurzfassung handelt es von dem schönen Märchen Dai-s, das so „sanft war wie ein Abendlüftchen, gütig und edelmütig“ war. Was Wunder, dass die Schar der Freier nicht abreißen wollte. Doch den Eltern war kein Freier gut genug. „Deshalb blieb Da-i unverheiratet und unglücklich“.

Der Zufall kommt ins Spiel. Als Da-i eines Tages auf dem Feld war, kommt ein schöner Jüngling vorbei. Die beiden lächeln sich zu und bekunden ihre Sympathie. Der jähzornige Vater erfährt jedoch von dem Treffen und verbietet Da-i jedes weitere Zusammentreffen.
Da-i gehorcht, aber der schöne Jüngling, der Sohn eines benachbarten Häuptlings war, überredet Da-i zur heimlichen Flucht. Das Liebespaar wird jedoch gesichtet und der Vater nimmt die Verfolgung auf. Er fordert, beide zu töten. Pfeile fliegen und unter Schmerzen kommen die Liebenden zu Tode. Zuvor hatte Da-i noch die Götter um Beistand gefleht. Diese rächen sich mit Überschwemmungen und Erdstößen.

Als die von den Götter zur Strafe geschickte Flut vorüber war, stellten die Dorfbewohner erstaunt fest, dass an der Stelle, wo die Liebenden gestorben waren, eine ihnen unbekannte Pflanze wuchs. Im Gedenken an das Liebespaar nannten die Leute die Pflanze Dap-Dap, das heißt die Unglücklichen.

© Wolfgang Bethge, 2011
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(1) Florence Partello Stuart, The Adventures of Piang the Moro Jungle Boy, http://www.gutenberg.org/files/22407/22407-h/22407-h.htm
(2) siehe: http://www.flora-toskana.de/onlineshop2/advanced_search_result.php?keywords=delonix+regia&osCsid=87b8f20e6776af76312568c427548f7c&x=0&y=0
(3) Woraus der Dapdapbaum erwuchs, in: Philippinische Märchen, Dausien-Verlag, 1978, S. 89

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